Bündnis 90/Die Grünen

Katrin Habenschaden

Vollständige Antworten im Europa-Fragebogen

„Kommunalpolitik ist einer der sichtbarsten Orte einer erfolgreichen Europapolitik.“
Wie stehen Sie zu dieser Aussage? Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, damit ein vereintes, demokratisches und friedliches Europa in München sichtbar ist und gelebt werden kann?

Der Erfolg europäischer Projekte und Initiativen zeigt sich vor Ort, bei den Menschen. Durch erfolgreiche Projekte in den Kommunen können die Bürger*innen in ihrem Wohnumfeld erleben, wie sie von Europa profitieren. Diese Erfahrung möchte ich nicht nur unterstützen, sondern deutlich ausbauen. Folgende konkrete Maßnahmen möchte ich hierfür ergreifen:

  • Die Einrichtung einer referatsübergreifenden Stelle für EU-Projekte zur Koordinierung und Verstärkung der Europaaktivitäten der Landeshauptstadt München.
  • Die Umsetzung des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen und der EU-Initiative zur Social Economy.
  • Städtischen Mitarbeiter*innen möchte ich in deutlich höherer Zahl eine Teilnahme am Austauschprogramm Erasmus+ ermöglichen.
  • Die Förderung von mehr Projekten der freien Träger mit Europa-Bezug, insbesondere im Bildungsbereich.
  • Die Einrichtung einer Beratungsstelle und eines Fonds für freie Träger, die deren Teilnahme an EU-Projekten erleichtern und Finanzierungslücken überbrücken.
  • Die verstärkte Teilnahme an europäischen Programmen wie „Horizon 2020“ bzw. „Horizon Europe“
  • Die Bewerbung Münchens als Europäische Umwelthauptstadt 2026 und als eine der 100 von der EU geförderten klimaneutralen Städte 2030

Großstädten wie München kommt  eine ganz besondere Verantwortung zu: Welche Rolle sehen Sie für Großstädte wie München bei der politischen Stärkung der EU und ihrer nachhaltigen Weiterentwicklung? Welche Impulse wollen Sie Europa in Ihrer Amtszeit als Oberbürgermeister/in in diese Richtung geben?

In diesem Zusammenhang sind mir zwei Dinge besonders wichtig: Erstens die Rolle der Großstädte im europäischen Gesetzgebungsverfahren und zweitens die Umsetzung europäischer Politik durch vernetztes Handeln der Großstädte. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in städtischen Gebieten. Mir ist wichtig, dass die damit einhergehenden Chancen und Risiken zum Beispiel bei der Umsetzung der Verkehrswende oder der Bekämpfung des Klimawandels nicht nur bekannt sind, sondern auch auf europäischer Ebene Gehör finden. Dies möchte ich gemeinsam mit unseren europäischen Partnern zum Beispiel über das Eurocities-Netzwerk erreichen. Auch die Beteiligung Münchens an einem Verbindungsbüro direkt in Brüssel könnte hierfür ein wichtiger Schritt sein. So kann die EU direkt von der Expertise aus den Städten profitieren, aber auch die Programme der EU können so besser auf städtische Bedürfnisse abgestimmt werden.

Darüber hinaus erleben wir in vielen wichtigen Politikfeldern wie zum Beispiel dem Klimaschutz, wie nationale Regierungen bei der Umsetzung übergeordneter Ziele versagen. Der pragmatisch-lösungsorientierte Ansatz der Kommunalpolitik ermöglicht es, Programme direkt in Großstädten frei von nationalen Eitelkeiten umzusetzen. Als Oberbürgermeisterin werde ich mich dafür einsetzen, dass München der EU hierfür als Partnerin zur Verfügung steht.

Eine der zentralen Forderungen der Landeshauptstadt München in ihrer Position zum Weißbuch zur Zukunft der EU ist, die Schaffung von erfolgreichen Formaten und Wege für mehr Bürgerbeteiligung bis 2025. Würden Sie als OB dieses Ziel weiterverfolgen? Falls ja:

  • Was konkret würden Sie dazu beitragen?
  • Wie können die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in die europäische Politik einbezogen werden?

Mehr Bürger*innenbeteiligung ist seit je her ein grüner Grundwert, für den wir uns konsequent einsetzen. Wir wollen, dass die Münchner*innen die Entwicklungen und Veränderungen in ihrer Stadt aktiv mitgestalten. München hat 1,5 Millionen Köpfe – nutzen wir sie! Dazu braucht es frühzeitige Information und Einbeziehung der Bürger*innen bei allen Planungsprozessen, neue Formen der Beteiligung und die Modernisierung traditioneller Formate.

Wir trauen den Bürger*innen mehr zu, wollen mehr Entscheidungen in ihre Hand geben. Beteiligungsprozesse dürfen nicht im Nichts verlaufen, sondern müssen Konsequenzen haben, über die transparent informiert wird. Onlinebeteiligungsplattformen, Bürgergutachten, Zukunftswerkstätten, Online-Petitionen und Beteiligungshaushalte sind hier mögliche Formen. Bürgerversammlungen wollen wir modernisieren.

Fridays for Future hat das hohe demokratische Engagement von jungen Menschen für die Zukunftsfragen gezeigt. Insbesondere die junge Generation, die am meisten von den zukünftigen Konsequenzen heutiger Entscheidungen betroffen ist, muss aktiv und von Anfang an Teil des demokratischen Prozesses sein.

München braucht eine aktive Zivilgesellschaft, deren Rat und Mitentscheidung wir noch stärker nutzen werden. Bürgerentscheide sind für uns Grüne eine wichtige direktdemokratische Form, die noch häufiger bei zentralen Zukunftsfragen genutzt werden könnte.

Die Ergebnisse der verschiedenen Beteiligungsformate würde ich als Oberbürgermeisterin selbstverständlich den europäischen Institutionen zur Weiternutzung zur Verfügung stellen und Best-Practice-Beispiele aktiv bei europäischen Vernetzungstreffen bewerben.

Mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2020 kann die Bundesrepublik eigene programmatische Schwerpunkte setzen. Wie würden Sie dies als Oberbürgermeister/in aktiv mitgestalten?

Zunächst einmal brauchen wir eine Stadtspitze, die sich aktiv in Europa und für Europa engagiert. Die jetzigen Münchner Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin fallen bei europäischen Vernetzungstreffen wie zum Beispiel der Eurocities-Konferenz regelmäßig durch Abwesenheit auf – das ist peinlich und schädlich für die internationalen Verbindungen Münchens. Das möchte ich ändern und mich aktiv in die europäische Netzwerkarbeit einbringen. Dazu gehört für mich auch, mich in Berlin dafür einzusetzen, wichtige Zukunftsthemen, wie zum Beispiel den Umwelt- und Klimaschutz ganz oben auf die Agenda der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu setzen. Hier kann München gemeinsam mit vielen anderen Städten zahlreiche Impulse geben und Expertise beisteuern.