CSU

Kristina Frank

Vollständige Antworten im Europa-Fragebogen

„Kommunalpolitik ist einer der sichtbarsten Orte einer erfolgreichen Europapolitik.“
Wie stehen Sie zu dieser Aussage? Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, damit ein vereintes, demokratisches und friedliches Europa in München sichtbar ist und gelebt werden kann?

Kommunalpolitik ist grundsätzlich der Bereich, bei dem politische Entscheidungen oftmals greifbar und unmittelbar erfahrbar sind. Das gilt insbesondere für die Europapolitik. München hat sein Bekenntnis zu Europa und den europäischen Werten gerade in den letzten Jahren deutlich unterstrichen. Diesen Weg will ich weiter gehen. Dabei denke ich insbesondere an die vielen Menschen aus Großbritannien, die unser München bereichern – und hoffentlich auch in Zukunft bereichern werden. Eurocities, Erasmus-Programme, europäische Partnerstädte sind nur wenige Punkte, bei denen München von der europäischen Ebene profitieren und wichtigen Input leisten kann. Die EU beeinflusst bis zu 80 Prozent aller städtischen Entscheidungen: vom Feinstaub über die energieeffiziente Sanierung alter Häuser bis zu Ausschreibungsverfahren für öffentliche Aufträge. Damit möglichst viele Entscheidungen im Sinne Münchens getroffen werden, muss Münchens Stimme muss europäischer Ebene hörbarer werden. Das ist in der Vergangenheit zu wenig geschehen.

Großstädten wie München kommt  eine ganz besondere Verantwortung zu: Welche Rolle sehen Sie für Großstädte wie München bei der politischen Stärkung der EU und ihrer nachhaltigen Weiterentwicklung? Welche Impulse wollen Sie Europa in Ihrer Amtszeit als Oberbürgermeister/in in diese Richtung geben?

Die Städte sind nicht nur die ökonomischen und politischen Zentren Europas, sie sind auch immer mehr die europäischen Zentren hinsichtlich des Wunsches nach Integration. Deswegen nimmt der europäische Einigungsprozess insbesondere die Städte immer mehr in die politische Verantwortung. Darüber hinaus sind die Städte auch Innovationstreiber bei der Entwicklung der Stadt von morgen, beispielsweisebei Smart City. Gerade die europäischen Städtebünde sind enorm wichtig, um das Fundament der EU zu gewährleisten. Aber: Die Städte haben auch die Verantwortung, die europäischen Regionen mit auf den Weg in ein gemeinsames institutionelles Europa zu nehmen. Hier dürfen wir nicht von oben herab agieren, sondern müssen auf Augenhöhe agieren.

Eine der zentralen Forderungen der Landeshauptstadt München in ihrer Position zum Weißbuch zur Zukunft der EU ist, die Schaffung von erfolgreichen Formaten und Wege für mehr Bürgerbeteiligung bis 2025. Würden Sie als OB dieses Ziel weiterverfolgen? Falls ja:

  • Was konkret würden Sie dazu beitragen?
  • Wie können die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in die europäische Politik einbezogen werden?

Mehr Engagement von Bürgern erfordert gerade von den politischen Ebenen Vorbildcharakter. Gleichzeitig brauchen wir mehr Möglichkeiten, Europa erfahrbar zu machen. Da gilt es, kommunikativ die Kräfte zu bündeln und nicht nur in nationalen Stadtgrenzen zu denken. Vermehrte Partnerschaften, eine gemeinsame Kommunikation, gemeinsame Aktionen: Es gibt viele Felder, bei denen wir noch eine Schippe drauflegen können. In Sachen Partizipation möchte ich die vorhandenen und in der Bevölkerung vielfach geäußerten Legitimationsdefizite der EU offensiv angehen. Die Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative sowie die Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Initiativen stehen dabei im Vordergrund.

Aufgrund des repräsentativen Charakters unseres politischen Gemeinwesens können konkrete partizipative Ergebnisse immer nur über die gewählten Volksvertreter eingebracht werden. Das funktioniert heute nicht immer perfekt, aber ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind.

Mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2020 kann die Bundesrepublik eigene programmatische Schwerpunkte setzen. Wie würden Sie dies als Oberbürgermeister/in aktiv mitgestalten?

Als Oberbürgermeisterin der größten Kommune Deutschlands ist es wesentlich, sich aktiv während der Präsidentschaft einzubringen. Es reicht heutzutage nicht, offene Briefe zu schreiben, wie es der jetzige Amtsinhaber macht. Wer Führungsverantwortung hat, der muss auch in Europa Flagge und Gesicht zeigen. Deshalb muss München seine pro-europäischen Interessen viel mehr auch auf persönlicher Ebene einbringen. Für diese Verzahnung der Ebenen stehe ich.

Wir brauchen als bayerische Landeshauptstadt eine „Strategie Europa 2030“, die die fünf Kernziele in den Bereichen Beschäftigung, Forschung und Entwicklung, Klima und Energie, Bildung sowie Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung neu ausrichtet. Dafür braucht es neu definierte Aktionsprogramme in den Feldern, die als entscheidende Triebkräfte für das Wachstum gelten, nämlich Innovation, digitale Wirtschaft, Beschäftigung, Jugend, Industriepolitik, Armut und Ressourceneffizienz.

Anhand dieser Strategie kann München zeigen, was es kann und gleichzeitig fordern, was es an Unterstützung braucht.