Vollständige Antworten im Europa-Fragebogen
„Kommunalpolitik ist einer der sichtbarsten Orte einer erfolgreichen Europapolitik.“
Wie stehen Sie zu dieser Aussage? Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, damit ein vereintes, demokratisches und friedliches Europa in München sichtbar ist und gelebt werden kann?
Europa hat viel zu bieten: unterschiedliche Kulturen, ausgezeichnete Bildungssysteme und eine bunte Mischung aus zahlreichen Menschen verschiedenster Herkunft, Hautfarbe, Alter, Religion, Weltanschauung und Nationalität. Gerade von dieser Vielfalt lebt Europa. Es verfügt ebenso über führende Forschungseinrichtungen, wie über eine starke industrielle Basis und in großen Teilen über eine demokratisch geprägte politische Stabilität sowie ein zuverlässiges Rechtswesen. Die große Stärke Europas liegt in der Vielfalt ihrer Städte und Gemeinden. Gerade für junge Menschen ist Europa die Zukunft, die sie gestalten wollen. Deshalb soll der gegenseitige Austausch von grenzübergreifender Projektarbeit in den Kommunen, auch in München, gefördert werden. Sich Mut zu zusprechen und Best-Practice-Erfahrungen austauschen, an der neben Mitarbeitern aus den kommunalen Verwaltungen (Fachbereich Internationales) auch Akteure aus der Jugend- und Bildungsarbeit teilnehmen können.
Auch kommt dem Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge eine besondere Bedeutung zu. Es muss stets darauf geachtet werden, dass die Anforderungen des Wettbewerbsrechts und die Regeln zur öffentlichen Auftragsvergabe der EU mit den gewachsenen Strukturen der kommunalen Daseinsvorsorge in Einklang gebracht werden können. Die gemeinwohlorientierten Dienstleistungen sollen mit ihren Tochterunternehmen, z. B. den Stadtwerken, in städtischer Hand bleiben.
Großstädten wie München kommt eine ganz besondere Verantwortung zu: Welche Rolle sehen Sie für Großstädte wie München bei der politischen Stärkung der EU und ihrer nachhaltigen Weiterentwicklung? Welche Impulse wollen Sie Europa in Ihrer Amtszeit als Oberbürgermeister/in in diese Richtung geben?
Städte sind der Motor einer intelligenten, nachhaltigen und integrativen Entwicklung. Es gilt, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen privaten und öffentlichen Akteuren zu finden und den lokalen wie regionalen Austausch zu stärken, um so nachhaltige und belastbare Strukturen zu schaffen. Durch den Aufbau überregionaler Netzwerke zwischen verschiedenen Regionen und Städten, mit ähnlichen Problemlagen wird neues Know-how generiert und kommunale wie regionale Aufgaben mit innovativen Ansätzen gelöst. Die überregionale Herangehensweise ist dabei insofern relevant, als dass wertvolle Ergebnisse und Produkte nicht nur vor Ort, sondern auch in einem überstaatlichen Netzwerk Geltung haben, nach gleichem Muster funktionieren und so schließlich übertragbar sind. So funktioniert aus meiner Sicht Europa heute. Diese Strukturen gilt es zu stärken und die Menschen, wie auch die europäischen Regionen miteinander zu vernetzen.
Eine der zentralen Forderungen der Landeshauptstadt München in ihrer Position zum Weißbuch zur Zukunft der EU ist, die Schaffung von erfolgreichen Formaten und Wege für mehr Bürgerbeteiligung bis 2025. Würden Sie als OB dieses Ziel weiterverfolgen? Falls ja:
- Was konkret würden Sie dazu beitragen?
- Wie können die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in die europäische Politik einbezogen werden?
Die EU-Politik muss den Bürgerinnen und Bürgern nähergebracht werden, indem man über Hintergründe und Themen informiert. So wird EU-Politik auf kommunaler Ebene sichtbar gemacht. Erreichen können wir dies durch eine stärkere Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus müssen die Münchnerinnen und Münchner die Gelegenheit haben, auch auf die EU-Politik einzuwirken. Damit uns das gelingt, gilt es, neue Formate der Bürgerbeteiligung zu etablieren.
Die von der Landeshauptstadt München vorgeschlagenen Maßnahmen zur Etablierung einer europäischen Presse und der Schaffung eines europäischen Vereinsrechts wollen wir ebenso weiter vorantreiben wie auch die Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative, die offener und effizienter werden muss.
Mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2020 kann die Bundesrepublik eigene programmatische Schwerpunkte setzen. Wie würden Sie dies als Oberbürgermeister/in aktiv mitgestalten?
Ich würde die Bundesregierung an die Verantwortung, die sie für die Menschen hat, erinnern. Wir FREIEN WÄHLER wollen Politik in Zusammenarbeit mit dem Bürger machen, dazu gehört auch eine stärkere Beteiligung der Münchnerinnen und Münchner im politischen Entscheidungsprozess. Ebenfalls würde ich bei der Bundesregierung für eine Erhöhung der Mittel für Schüler- und Studentenaustausche eintreten. Durch diese Austausche fördern wir ein Zusammenwachsen der Europäer und ein gegenseitiges Verständnis.
Darüber hinaus müsste die Bundesregierung eine stärkere Förderung von strukturschwachen Regionen in Europa voranbringen. Die Entwicklung strukturschwacher Regionen (auch in Deutschland und Bayern) kommt der Stadt München ebenfalls entgegen, da dadurch der (Zuwanderungs-)Druck auf die Städte abgemildert werden kann. Die attraktivere Gestaltung von strukturschwachen Regionen bremst auch die Nachverdichtung in den Städten (speziell auch in München) und erhält so die dringend benötigten Grünflächen für die städtische Bevölkerung. Die Regionen innerhalb Europas gilt es ebenso zu stärken und Ihnen mehr Mitspracherecht einzuräumen.